Temperaturabgesenkter Asphalt wird Regelbauweise

Bonn/Berlin. Im Laufe dieses Jahres erscheinen voraussichtlich die novellierten ZTV-Asphalt-StB und TL Asphalt-StB – mit weitreichenden Konsequenzen für die Bausaison 2026. Eine zentrale Neuerung: Asphalt muss künftig bei deutlich niedrigeren Temperaturen hergestellt und eingebaut werden. Hintergrund ist der neue Arbeitsplatzgrenzwert für Dämpfe und Aerosole bei der Heißverarbeitung von Bitumen, der nach Ablauf einer Übergangsfrist ab 2027 auch für Walzasphalt verbindlich wird. Doch schon mit Inkrafttreten der neuen Regelwerke wird die Temperaturabsenkung fester Bestandteil der Asphaltbauweise sein. Damit beginnt eine neue Phase im Asphaltstraßenbau – geprägt von technischen, organisatorischen und betrieblichen Veränderungen, für die bereits jetzt umfassende Praxiserfahrungen gesammelt werden.

Praxis ist der Prüfstein

„Temperaturabgesenkter Asphalt ist keine Theorie mehr – er funktioniert, aber der Umgang mit ihm muss flächendeckend von den Straßenbauunternehmen geübt werden“, sagt Dipl.-Ing. André Täube vom Deutschen Asphaltverband (DAV). Zahlreiche Erprobungsstrecken in Deutschland und Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass eine Temperaturabsenkung um bis zu 40 °C ohne Qualitätsverluste umsetzbar ist. Doch es fehlt bislang an breiter Anwendungserfahrung, die notwendig ist, um den flächendeckenden Einsatz technisch, wirtschaftlich und organisatorisch abzusichern.

Der DAV appelliert daher für eine Branchenlösung und fordert einen koordinierten Praxistransfer: Bauunternehmen, öffentliche Auftraggeber und Forschungseinrichtungen müssen gemeinsam Pilotprojekte initiieren, Ergebnisse offen austauschen und daraus verbindliche Standards ableiten. Nur durch gemeinsame Erfahrungsbildung kann der Wandel gelingen.

Mehr als Emissionsminderung: Eine Branchenstrategie

Die Einführung von Temperaturabgesenktem Asphalt ist keine rein technische Anpassung, sondern Teil einer umfassenden Branchenstrategie. Sie adressiert gleich mehrere Herausforderungen: den Gesundheitsschutz auf den Baustellen, den Klimaschutz durch niedrigeren Energieverbrauch und die Verlängerung der Lebensdauer von Straßen durch geringere thermische Belastung des Bindemittels.

Die Vorteile sind messbar: Reduzierte Emissionen, Energieeinsparungen von bis zu 15 Prozent, gleiche Verdichtungseigenschaften und – abhängig von der Art der Temperaturabsenkung – manchmal eine schnellere Verkehrsfreigabe. Doch zentrale Fragen zur Einbaupraxis, Maschinenkompatibilität, Witterungseinflüssen und Qualifikationsbedarf lassen sich nur im realen Baustellenbetrieb klären.

Rechtsrahmen im Wandel – die Branche in Bewegung

Ab 2026 sollen die überarbeiteten Regelwerke ZTV Asphalt-StB und TL Asphalt-StB die Verarbeitung von Temperaturabgesenktem Asphalt bundesweit beginnen zu regeln. Parallel arbeitet der branchenübergreifende Koordinierungsausschuss Bitumen an einem Gesamtkonzept für die sichere Einhaltung der Grenzwerte bis spätestens Ende 2026. Die Erfahrungen aus der Gussasphaltverarbeitung und neue technische Lösungen, wie Absaugvorrichtungen der zweiten Generation an Fertigern oder geschlossene Kabinen, fließen in das Konzept ein.

Appell an Politik und Auftraggeber

„Wir brauchen keine Einzelmaßnahmen, sondern eine gemeinsame Lernkurve“, betont Andreas Stahl vom DAV. Nur wenn eine hohe Bandbreite an Pilotprojekten politisch und von Seiten der Auftraggeber unterstützt, wissenschaftlich begleitet und öffentlich dokumentiert wird, entsteht eine große Erfahrungssammlung und damit das notwendige Vertrauen in die neue Bauweise. Der DAV ruft Bund, Länder und Kommunen auf, ihren Beitrag zur Umsetzung zu leisten – durch entsprechende Ausschreibungen, gezielte Förderungen und die Bereitschaft zum Dialog.

19. Mai 2025
Temperaturabgesenkter Asphalt

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